Wenn Menschen sprechen, beschleunigen und verlangsamen, d.h. modulieren ständig ihre Artikulierungsgeschwindigkeit. An welchen besonderen Stellen im Diskurs treten diese Modulationen auf und warum? Das von der VolkswagenStiftung geförderte DoBeS-Projekt untersucht Variationen in der Artikulationsgeschwindigkeit von Wörtern im Kontext und untersucht das komplexe Zusammenspiel von Faktoren, die sie bestimmen. Wir haben zum Beispiel gute Hinweise darauf, dass Menschen relativ uninformative Wörter relativ schnell aussprechen und dass sie dazu neigen, lange Wörter zu komprimieren. Aber wie und warum genau? Und gilt das für alle Sprachen?
Frühere Studien zu diesen Themen konnten aus zwei Gründen nur teilweise Antworten geben: Sie basieren oft auf experimentellen und nicht auf natürlichen Daten und, was noch wichtiger ist, fast ausschließlich auf Daten aus einzelnen Sprachen, meist Englisch (was besonders bedauerlich ist, da Englisch eine relativ einfache Morphologie hat, d.h. wenig Mittel, um komplexe Wörter aufzubauen). Dieses Projekt verspricht, unser Verständnis von Artikulationsgeschwindigkeitsschwankungen einen erheblichen Schritt weiter zu bringen, indem es eine Reihe von integrierten Studien durchführt. Dazu nutzen wir als einzigartige Ressource eine Reihe von Korpora aus zehn Sprachen, die auf der ganzen Welt gesprochen werden: vom amazonischen Regenwald (Bora und Baure) über Mexiko (Texistepec Popoluca), die nordamerikanischen Tiefebenen (Hoocąk), Sibirien (Sakha und Even), den Himalaya (Chintang), die Kalahari-Wüste (Nǀuu) bis hin zum urbanen Westeuropa (Niederländisch) und den USA (Englisch). Diese Vielfalt wird es uns ermöglichen, einerseits die universellen Merkmale der Variation in der Artikulationsgeschwindigkeit zu identifizieren, die wir als mit den allgemeinen Eigenschaften der menschlichen Kognition verbunden betrachten, und andererseits die sprachspezifischen Merkmale, die wahrscheinlich mit den Eigenschaften der Grammatik einzelner Sprachen zusammenhängen oder kulturspezifisch sind, z.B. verwurzelt in lokalen Erzähltraditionen und Gesprächsstrategien, zu identifizieren.
AUVIS - Audiovisuelles Data Mining am Beispiel der Ereignissegmentierung in multimodalen Sprachdaten
08/2013 – 07/2015
The AUVIS project is a collaboration between different institutions from IT and the humanities aiming at developing audio/video software to manage large quantities of data in the social sciences. Technological progress in AUVIS is paired with scientific research on the interaction of grammar, prosody and gesture in event segmentation.
Find more information on the AUVIS project at the Language Archive website.
Kontaktperson: Meytal Sandler M.A.
Beaver Knowledge Systems (DoBeS)
The Beaver or Dane-zaa language is an endangered Canadian First Nation language spoken in British Columbia and Alberta. It is part of the Northern branch of the Athabaskan language family and is spoken in seven different reserves: the Northern Alberta dialect in Boyer River and Child Lake; the Central Beaver dialect in Doig River, Blueberry River, and Prophet River; and the Western Beaver (“low-marking”) dialect in Halfway River and Moberley Lake in British Columbia. A fourth, “Southern” dialect was spoken around Dunvegan (Alberta), with reserves in Clear Hills and Horse Lake. Beaver is closely related to its neighboring Athabaskan languages, especially Sekani.
Bilateral Workshop Germany-Mexico and First Latin-American Summer School on Language Documentation and Linguistic Typology
A “Bilateral Workshop Germany-Mexico and First Latin-American Summer School on Language Documentation and Linguistic Typology”, held in cooperation between the University of Cologne, Department of Linguistics, and the Center for Research and Advanced Studies in Social Anthropology (Mexico), took place in Morelia (Mexico) from March 19 to March 28 2015. The event consisted of two parts: in a “Panel of Experts” researchers presented their research on several aspects of language documentation, while in the following Summer School, classes on the documentation techniques and related issues, such as language documentation in contact situations, were given.
The Workshop and Summer School are funded by the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).
Demonstratives with exophoric reference (Volkswagenstiftung)
It is widely acknowledged that demonstrative reference to a physically present object (known as exophoric reference) is not a straight-forward matter of locating the object in spatial terms. Established functional descriptions, which adhere to the spatial notion for want of video data, have proofed insufficient and partly incorrect by findings in a corpus of audio-video recorded texts from Logea (an endangered language in the DoBeS program). In order to validate these findings, we investigate exophoric demonstrative references across three archived DoBeS corpora: ?ven (Northern Tungusic), Saliba-Logea (Oceanic), and Totoli (Austronesian, Sulawesi). The data comprise oral narratives, procedural texts and expositions that are spontaneously produced and video-recorded. This permits us to combine the morpho-syntactic and discourse-pragmatic analysis of each demonstrative construction with the systematic evaluation of both the accompanying gestures and the spatial relation in the triad speaker-addressee-physical object. We aim to develop a taxonomy of the functions that demonstratives with exophoric reference have in the interaction between speech participants.
Deutsch als Zweitsprache – Altersfaktor
11/2000 – 09/2002
Da detaillierte und über einen längeren Zeitraum kontinuierlich erhobene Beobachtungsdaten zum natürlichen, ungesteuerten Erwerb des Deutschen als Zweitsprache von Muttersprachler*innen des Russischen bisher kaum vorlagen, wurden zwei zu Beginn der Beobachtung 8;7 und 14;2 J. alte russische Mädchen aus St. Petersburg von den Anfängen der Entwicklung des Deutschen über einen Zeitraum von 18 Monaten wöchentlich einmal je 60 Min. lang im (teilweise gesteuerten) Gespräch mit deutschen Muttersprachler*innen verschiedener Altersstufen auf Tonband aufgenommen. Ziel der Datensammlung war es, die Auswirkung des Altersfaktors (vorpubertäre vs. pubertäre Entwicklungsphase) bei weitgehender Konstanz sonstiger Parameter der Zweitsprachentwicklung (Muttersprache, sprachliches und soziales Umfeld, Schulbildung in L2, Geschlecht) zu untersuchen, um so einen Beitrag zur Lösung der gegenwärtig erneut diskutierten theoretischen Frage nach einer "kritischen Periode" des Spracherwerbs zu leisten.
Die Subjektklitika des Chipaya: Ein pragmatischer Ansatz
2017-2019
Das Projekt beschäftigt sich mit der pragmatischen und syntaktischen Verteilung der Subjektklitika des Chipaya. Chipaya ist ein Sprachisolat des westlichen Bolivianischen, das nur von etwa 1.800 Sprecher*innen gesprochen wird. Die Chipaya-Subjektklitika sind spezielle Klitika und nicht obligatorisch. Chipaya hat zwei Arten von klitischen Konstruktionen: (1) klitische Verdoppelung, bei der das Subjektklitikon mit einem koreferentiellen Subjektnomen oder Pronomen auftritt; (2) ein einzelnes Klitikon ohne ein koreferentielles Subjektnomen oder Pronomen.
Ich unterscheide zwischen lexikalischer und anaphorischer Verdopplung (Belloro 2007: 117): Bei der lexikalischen Verdopplung wird das verdoppelte Subjekt durch einen lexikalischen Substantivsatz dargestellt, während bei der anaphorischen Verdopplung das Subjekt in Form eines Pronomens vorliegt. Die klitische Verdoppelung mit Subjektreferent*Innen der ersten und zweiten Person ist anaphorisch, da es sich um Sprechaktteilnehmer*innen handelt und diese als solche immer mit einem Pronomen bezeichnet werden. Partizipant*innen, die nicht am Sprechakt teilnehmen, d.h. Subjektreferent*innen der dritten Person, werden entweder durch ein Substantiv oder ein Pronomen ausgedrückt. Man unterscheidet also bei Subjektreferent*innen der dritten Person zwischen lexikalischer und anaphorischer Verdopplung. Ich gehe davon aus, dass sich die pragmatische Verteilung der Subjektklitika auf den Grad der Aktivierung und Identifizierbarkeit des Referenten bezieht.
Hinsichtlich der syntaktischen Verteilung wird vorgeschlagen, dass die Subjektklitika auf die Negationspartikel in Negativsätzen folgen. In nicht-negativen Sätzen binden sich die Subjektklitika der ersten und zweiten Person standardmäßig an das Objektargument, während die Subjektklitika der dritten Person dem Subjektargument folgen. Die pragmatische Verteilung wird unter Berücksichtigung der Begriffe "Aktivierung" und "Identifizierbarkeit" untersucht (Lambrecht 1994: 74-116), wobei der Faktor "[r]eferenzielle Distanz" verwendet wird (Givón 1983: 13-14). Brandneue, nicht identifizierbare SubjektreferentInnen werden zusätzlich auf ihre Bestimmtheit und Spezifität hin untersucht. Die Untersuchung der syntaktischen Verteilung berücksichtigt die klitische Konstruktion selbst, die Hosts der Subjektklitika und den Satztyp. Es wird angenommen, dass die potenzielle Fähigkeit der Fokuszuweisung der Subjektklitika deren syntaktische Verteilung regelt oder zumindest beeinflusst.
Die symbolische Welt der chinesischen Emotion: eine cross-kulturelle Perspektive
Documenting Totoli, Sulawesi (Volkswagenstiftung)
2005 – 2012
Totoli is an endangered language of northern Central Sulawesi still spoken by at most 5000 speakers. The recordings made in this project focus on spontaneous communicative events covering a broad range of interactional domains. These include everyday conversation, ritual speech, procedural texts on major activities, oral history, as well as interactions with speakers from neighboring speech communities.
Find more information on Totoli at the DoBeS website.
Documentation Summits in the Central Mountains of Papua
10/2011 – 12/2016
Das Hauptziel des Summits-Projekts, einem Kooperationsprojekt zwischen dem CELD in Manokwari und dem Institut für Linguistik der Universität zu Köln, ist die Verbesserung und Erweiterung der Dokumentation einer Gruppe kulturell und sprachlich vernetzter Sprachen im zentralen Hochland von Indonesisch-Papua. Wir streben danach, dies auf drei Arten zu erreichen:
Die erste Komponente des Projekts besteht darin, bereits gesammelte Daten der beiden Mek-Sprachen Eipo und Yale zu verarbeiten. Eipo und seine Nachbarsprache Yale wurden von Volker Heeschen seit mehreren Jahrzehnten intensiv untersucht. Die Original-Audioaufnahmen, die während seiner Feldaufenthalte in den 1970er und 80er Jahren entstanden sind, werden im Rahmen des Summits-Projekts digitalisiert und über das Spracharchiv des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik in Nimwegen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden die vorhandenen Daten durch neue Aufzeichnungen ergänzt, um ein breiteres Spektrum an kommunikativen Inhalten abzudecken.
Die zweite Komponente des Summits-Projekts besteht in der Dokumentation von Pass Valley Yali, einer Dani-Sprache, die von etwa 5000 Menschen (Ethnologue 2009) im Hochland östlich von Angguruk gesprochen wird. Die im Rahmen dieses Projekts gesammelten Daten stammen aus dem Bezirk Apahapsili und wurden hauptsächlich in den Dörfern von Apahapsili, in Masahangguli und den umliegenden Dörfern erfasst. Während eine Bibelübersetzung veröffentlicht wurde und einige sprachliche Arbeiten von deutschen Missionaren, die seit den 1960er Jahren in diesem Bereich tätig sind, existieren (z.B. Zöllner "Verbformen der Angguruk-Sprache", unveröffentlichtes Manuskript), wird das Hauptziel des Summits-Projekts darin bestehen, einen Korpus mit natürlich gesprochener Sprache zu erstellen, wobei der Schwerpunkt auf informellen Alltagsgesprächen und anderen spontanen kommunikativen Events liegt. Wie auch in der Eipo-/Yale-Komponente dieses Projekts wollen wir daher auf bestehenden Werken aufbauen und ältere Daten systematisch durch neues Material ergänzen, um eine umfassende Dokumentation der Yali-Sprache zu erhalten.
Drittens wird in Zusammenarbeit mit Kolleg*innen der UNIPA ein umfangreiches Capacity Building-Programm in deskriptiver und dokumentarischer Linguistik für lokale Studierende und Mitarbeiter*innen der University of Manokwari, West Papua, organisiert. Nach der Teilnahme an diesem Programm werden die Studierenden ermutigt, eigene Dokumentationsprojekte durchzuführen, in denen sie ihre Muttersprache dokumentieren. Während dieser sorgfältig betreuten Projekte werden sie durch Stipendien finanziert, die ihre Ausgaben während ihres Feldaufenthaltes sowie Studiengebühren und Lebenshaltungskosten während des letzten Semesters bei der Erstellung ihrer Bachelorarbeit decken. Die gesammelten Daten werden nach DoBeS-Standards verarbeitet und im Spracharchiv in Nijmegen archiviert. Indem den lokalen Studierenden die Möglichkeit geboten wird, ihre Kenntnisse in den Bereichen Linguistik und Feldforschung zu vertiefen und sie mit der technischen Ausrüstung moderner Sprachdokumentation auszustatten, wird ein Beitrag zur Entwicklung einer nachhaltigen Grundlage für die Dokumentation gefährdeter Sprachen im indonesischen Papua geleistet, welche die Hauptmission des CELDs ist.
Documenting Waima'a, East Timor (Volkswagenstiftung)
2002 – 2006
Documenting Wooi, Yapen Island (Volkswagenstiftung)
2009 – 2014
The Wooi project includes a strong capacity- and institution building component for sustainable language documentation work in the region. It is based on the hypothesis that endangered languages in an area of more than 240 speech communities need the establishment of documentation structures both at a regional and a local level.
Essen – Trinken – Nahrungszubereitung in äthiopischen Sprachen
Einige Sprachen Äthiopiens zeichnen sich durch einen erstaunlich reichen Verbwortschatz aus. Monomorphematische Spezialverben erlauben äußerst detaillierte Beschreibungen von Situationen. Ziel des Projekts ist es, die Architektur der den Verben zugrunde liegenden Lexikalisierungsmuster und ihre Interaktion mit der Syntax in der semantischen Domäne Essen, Trinken und Nahrungszubereitung zu erfassen. Ausgehend von einer Analyse im Kambaata (Kuschitisch) werden die semantischen Gemeinsamkeiten und Besonderheiten von Verben in vier äthiopischen Vergleichssprachen untersucht. Das Projekt möchte einerseits die Anwendbarkeit verschiedener semantischer Theorien und Modelle auf Sprachen der "geographischen Peripherie" testen, andererseits der Kuschitistik und der Diskussion über den äthiopischen Sprachbund neue Anregungen aus der lexikalischen Semantik geben.
Innovative Networking in Infrastructure for Endangered Languages (FP7, EU)
The INNET project reinforces a worldwide sustainable grid of digital archives hosting resources related to endangered languages. One of the goals is the strengthening of the relationship between archives and the scientific community worldwide by disseminating knowledge and information on language technology as well as best practice in language documentation.
Kallawaya: Erstellung eines typologischen Profils der bolivianischen Mischsprache
10/2012 – 09/2015
Kallawaya is a mixed and secret language spoken in the Charazani region of north-western Bolivia. As a mixed language, Kallawaya takes its lexicon and grammar from different and genetically unrelated languages. The lexicon of Kallawaya is mainly provided by Pukina, now extinct, while the grammar derives from a Southern Quechua variety. Kallawaya is also a secret language, used only by traditional herbalists during healing ceremonies; as such, it is not designed for use in everyday communication and has a reduced lexicon. The language is acquired only as L2, while the native language of the Kallawaya herbalists is Quechua. Today, Kallawaya is highly endangered; the number of its speakers is yet unknown. The project seeks to uncover the etymology of the Kallawaya lexicon, i.e. it will be investigated which languages, apart from Pukina, contributed to the lexicon of Kallawaya. Furthermore, a classification of the so-called lexical manipulations will be undertaken. Lexical manipulations are ‘conscious’ manipulations of lexical items which serve to disguise the meaning of what is said and/or to signal in-group identity (see Bakker and Mous 1994: 9; Mous 2003: 209). Finally, although the grammar of Kallawaya derives mainly from Quechua, it also contains elements that are clearly of non-Quechua origin. An analysis of these grammatical elements will also be attempted.
KA³: Cologne Center Analysis and Archivierung audio-visueller Daten
10/2016 – 09/2019
Ziel des KA³-Projekts ist der Aufbau eines Zentrums für die Aufbereitung und Archivierung audiovisueller Daten in den Geisteswissenschaften. Hauptziel ist der Aufbau einer neuen benutzer*innenfreundlichen webbasierten Selbstarchivierungsplattform, die die bisherige Einrichtung des "Language Archive Cologne" (LAC) ersetzen wird. Darüber hinaus wird das Projekt Tools entwickeln, die die Forscher*innen bei der Arbeit mit audiovisuellen Daten unterstützen, einschließlich der algorithmischen Analyse von Audiodaten. Diese Tools strukturieren Audiodaten automatisch nach Themenblöcken oder nach dem*der aktiven Sprecher*in.
KA³ ist eine Kooperation mit dem Institut für Linguistik (IfL), dem Data Center for the Humanities Cologne (DCH), dem Regionalen Rechenzentrum Köln (RRZK), dem Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen (MPI-PL), dem Fraunhofer Institut IAIS in Sankt Augustin, dem Archiv „Deutsches Gedächtnis“ an der Universität Hagen (ADG) und dem Projekt “Digital Averroes Research Environment” (DARE).
Das Karaimische gehört zum kiptschakischen Zweig der türkischen Sprachfamilie. Seit Jahrhunderten in nicht-türkischer Umgebung (Polen, Litauen) gesprochen, ist die Sprache von indogermanischen Kontaktsprachen außerordentlich stark beeinflußt. Die auffälligsten "untürkischen" Besonderheiten des Karaimischen betreffen morphosyntaktische Eigenschaften wie die Bezeichnung des natürlichen Geschlechts durch ein Suffix (etwa in qarayqa 'Karaimin' gegenüber qaray 'Karaime') und die Verwendung von Demonstrativa als bestimmter Artikel sowie insbesondere Merkmale der Wortstellung: Verwendung von ursprünglichen Postpositionen als Präpositionen, nachgestellte Genitivattribute, nachgestellte Nebensätze mit Konjunktionen, relativ freie Stellung des finiten Verbs usw. Auf der anderen Seite hat das Karaimische eine Reihe archaischer Züge bewahrt.
Das Karaimische ist heute eine stark vom Aussterben bedrohte Sprache, die nur noch von sehr wenigen älteren Sprecher*innen in zwei kleinen Minoritätengemeinschaften gesprochen wird. Zwei verschiedene Dialekte sind noch in Gebrauch, der Südwestdialekt, der noch von sieben Personen in der karaimischen Gemeinde in Polen zur täglichen Kommunikation verwendet wird, und der Nordwestdialekt, der von etwas mehr Sprecher*innen in der litauischen Gemeinde benutzt wird.
Gegenstand des Projekts ist die Dokumentation und linguistische Analyse der gesprochenen Formen beider Dialekte auf der Basis intensiver Feldforschung mit den Sprechern beider Gemeinschaften. Eine große Anzahl von Texten des Nordwestdialekts wurde aufgenommen, transkribiert und analysiert; in der letzten Projektphase ergänzt durch Tonband- und Videoaufnahmen von ethnolinguistischem Textmaterial aus dem Südwestdialekt.
Language, music and place in Délı̨nę, NWT, Canada
Language, Music and Place in Délı̨nę, Northwest Territories, Canada entwickelt eine interdisziplinäre Herangehensweise an die Sprachdokumentation. Während die Délı̨nę-Gemeinschaft zur Selbstverwaltung übergeht, wächst auch das Interesse an Erzählungen, Gesang und Raumkonzepten, um besser zu verstehen, was eine Regierung ausmacht. Regierung ist daher einer der Schwerpunkte dieser Forschung. Ergänzend umfasst das Projekt außerdem die Entwicklung einer indigenen Forschungsmethodik im Hinblick auf Sprachforschung. Die Forschung untersucht Variation, Wandel und Kontinuität in Sprache, Erzählungen, Gesang und Raumkonzepten und wie sie sich auf Regierung und die Verwaltung von Land beziehen. Die Herangehensweise umfasst die Dokumentation dreier Gruppen von Familien aus verschiedenen traditionellen Bodennutzungsgebieten über Generationen hinweg, bestehend aus archivarischem und neuem Material sowie dem Dialog mit Verwandten aus benachbarten Gemeinschaften mit unterschiedlichen Dialekten, um zu verstehen, welche Rolle der Herkunftsort hinsichtlich Varianz spielt.
'Das Nomen im Lexikon' ist Teil des Sonderforschungsbereichs 'Theorie des Lexikons' (SFB 282, THEOLEX), eines Gemeinschaftsprojekts der Universitäten Düsseldorf, Köln und Wuppertal. Das genannte Projekt untersucht zwei Hauptaspekte bezüglich der Kategorie 'Nomen':
1. Die Beziehung zwischen der lexikalischen Kategorie 'Nomen' und der lexikalischen Kategorie 'Verb'
2. Die Beziehung zwischen der lexikalischen Kategorie 'Nomen' und der syntaktischen Kategorie 'NP'
Diesen Fragen wird von dem Projekt anhand eines typologischen Vergleichs eines ausgewählten Samples verschiedener Sprachen nachgegangen. Besondere Berücksichtigung fanden bisher Irokesisch (Cayuga), Tonganisch, Vietnamesisch, Japanisch, Arabisch, Nama (Khoekhoe), Indonesisch, Swahili, Lakota, Nunggubuyu und Kayardild. Der theoretische Schwerpunkt lag bisher darauf, herauszufinden, welche Kriterien zur Definition der Kategorie 'Nomen' notwendig sind, ob die Nomen/Verb-Distinktion universal ist oder nicht, in welchem Maße die lexikalische Kategorisierung unabhängig von der syntaktischen sein kann und welche grammatischen bzw. funktionalen Kategorien konstitutiv für die NP sind.
Movima ist eine genetisch nicht klassifizierte Sprache, die in der Region Moxos in den Savannen des bolivianischen Amazonasgebiets gesprochen wird. Es wird immer noch von mehr als 1.000 Menschen gesprochen. Die meisten Sprecher*innen sind über 50 Jahre alt und sprechen Spanisch als zweite Sprache. In abgelegenen Gebieten gibt es noch einige wenige Kinder, die die Sprache lernen; anderswo werden die Kinder nur auf Spanisch erzogen. Heute werden Anstrengungen unternommen, um die Sprache in den Schulen umzusetzen. Ein Ziel dieses Projekts ist es, eine Datenbank mit kommentierten Audio- und Videotexten von so vielen verschiedenen Referent*innen wie möglich zu erstellen. Wir arbeiten auch an einem Wörterbuch und einer grammatikalischen Beschreibung in Spanisch, als Grundlage für Lehrmaterialien, die in der Schule verwendet werden können. Der Großteil der Arbeit findet im Institut für Linguistik in Köln statt. Jeden Sommer arbeiten wir in Santa Ana vor Ort, sammeln Daten und koordinieren die Arbeit mit den Muttersprachler*innen.
Multi-headedness in cross-categorial perspective – The syntax and semantics of referents and events
University of Cologne (UoC) Postdoc Grant, Excellency Initiative
This project is funded by a UoC PostDoc Grant, one of the funding lines of the Excellence Initiative at the University of Cologne. The aim of this project is to investigate complex nominal and verbal expressions which are a-hierarchical (or "multi-headed") in a semantic and syntactic sense to a far reaching extent. We take a cross-categorial, comparative approach in order to enquire into similarities and differences of a-hierarchicality in the nominal and verbal domain. The languages under investigation are Vedic Sanskrit where we look at complex nominal expressions, and the Austronesian language Wooi (which is being documented in another project at Cologne), where we examine serial verb constructions.
PAGE: Prosodic and gestural entrainment in conversational interaction across diverse languages (Volkswagenstiftung)
2013-2015
PAGE ist ein von der Volkswagenstiftung gefördertes Projekt im Rahmen des Forschungsrahmenprogramms "Prosody of the Wider World" . Ziel des Projekts ist es, eine wiederverwendbare Infrastruktur in Labors in Europa und vor Ort aufzubauen, um zu untersuchen, inwieweit Teilnehmer*innen eines Dialogs sich gegenseitig (zum Imitieren) anregen und beeinflussen. Zu den Hauptuntersuchenden gehören Forscher*innen aus Deutschland, Italien, Malta, den Niederlanden, Polen und den USA. Die Analyse basiert auf Audio- und Videoaufzeichnungen, um die Integration und Beeinflussung von Sprache und Körperbewegungen zu untersuchen. Zu den zu untersuchenden Sprachen gehören Niederländisch, Maltesisch und drei papuanische Sprachen.
Das RHIM-Projekt untersucht morphosyntaktische Systeme, die auf einer Hierarchie von Referent*innen basieren - erste und zweite Person stehen über der dritten Person, menschliche über nicht-menschlichen und bekannte Referent*innen über unbekannten. Diese Hierarchie beeinflusst bekanntlich die Struktur der grammatikalischen Beziehungen (das grundlegende "Wer macht was mit wem in einem Ereignis"), was z.B. zu einer inversen Morphologie oder einer differenzierten Argumentmarkierung führt.
Mehr Information gibt es auf der Website des Projekts.
Roots and ruins: A project to document the Aru languages
Der Aru-Archipel ist eine Gruppe von über hundert dicht gedrängten Inseln am östlichen Rand Indonesiens im Arafura-Meer zwischen Australien und Neuguinea. Der Archipel beherbergt 14 eng verwandte und fast vollständig undokumentierte Sprachen der austronesischen Familie. Diese Sprachen zeichnen sich durch ein hohes Maß an innovativem Wortschatz und Grammatik aus, die sich radikal von der austronesischen Norm unterscheiden, einschließlich mündlicher Übereinstimmung mit semantischer Ausrichtung, grammatikalischem Geschlecht, übereinstimmenden Numeralia, umfangreichen seriellen Verbkonstruktionen und Reduplikation von Dependentmarkierung. Dieses Projekt arbeitet daran, eine umfassende, interdisziplinäre Dokumentation von drei Sprachkultur-Systemen aus dem nördlichen Teil des Aru-Archipels zu liefern. Dies sind: Ujir, Batuley und Kola. Angesichts rückläufiger Sprecher*innenzahlen bietet dieses Projekt eine zeitnahe multimediale Dokumentation der Sprachen, die Audio-, Video- und Fotomaterial mit Textdateien, Glossaren und Übersetzungen kombiniert. Neben der Erstellung grammatikalischer Skizzen und lexikalischer Materialien konzentriert sich die Dokumentation auf zwei wenig untersuchte Bereiche: Ethnobiologie und mündliche Traditionen.
Das Projekt 'Schnittstelle Lexikon/Syntax: Prädikative Nominalphrasen' ist Teil des Sonderforschungsbereichs 'Theorie des Lexikons' (SFB 282, THEOLEX), eines Gemeinschaftsprojekts der Universitäten Düsseldorf, Köln und Wuppertal.
Das genannte Projekt untersucht lexikontheoretische Aspekte des Konstruktionstyps 'Kopula + Nominalphrase' und damit einen begrenzten Teilbereich von Prädikativkonstruktionen. Der für das Lexikon relevante Aspekt besteht darin, daß die Kopula bei dieser Konstruktion in die Subklasse von Verben einzuordnen ist, die kein echtes, sich auf einen Partizipanten beziehendes internes Argument selegieren, sondern ein Argument, das eine Eigenschaft denotiert (Quasi-Argument). Damit ergeben sich für das Lexikon zwei relevante Aspekte:
1. Die Besonderheiten der Verben, die ein solches Quasi-Argument selegieren,
2. die Beschränkungen, die sich hinsichtlich dieser prädikativen NPs/DPs im Vergleich zu nichtprädikativen NPs/DPs ergeben (potentielles Vorkommen von Determinierern und deren Besonderheiten, Verhalten einzelner nominaler Subklassen als Kopf eines prädikativen Ausdrucks).
Die methodische Grundlage bildet die Erstellung einer Datensammlung für drei typologisch unterschiedliche Sprachen (Griechisch, Finnisch, Vietnamesisch).
Typologie gesprochener Sprache auf der Basis textkonstituierender Verfahren
Gegenstand der Untersuchung ist die gesprochene Sprache in Form von spontan erzählten Texten. Untersucht werden soll, wie und durch welche Mittel diese Texte als Texte konstituiert sind. Dabei gehen wir von der Hypothese aus, daß insbesondere Raumorientierung, Zeitstruktur und Topikmanagement konstituierend für Texte sind. Mit welchen sprachlichen Mitteln diese Verfahren in den einzelnen Sprachen realisiert werden, wird zunächst in einzelsprachlichen Textanalysen untersucht. Auf diese Weise sollen Parameter entwickelt werden, anhand derer Texte miteinander zu vergleichen sind. Die so gefundenen Ergebnisse werden dann mit den typologischen Eigenschaften der verschiedenen Sprachen korreliert werden, um so eine Basis für eine Typologie der gesprochenen Sprache zu schaffen.
Grundlage der Untersuchung ist ein Korpus von gesprochenen Texten in mehreren Sprachen: Deutsch, Samoanisch, Norwegisch, Spanisch, Lasisch, Türkisch, Ik, Ee, Ungarisch und Estnisch.
Das Arbeitsprogramm gliedert sich in einen korpusbezogenen Teil, bei dem es um die Aufbereitung von Texten und die Erstellung von Software geht, und einen textanalytischen Teil, in dem einzelne Bereiche der Grammatik auf ihre Diskursfunktion hin untersucht werden. Im derzeitigen Bewilligungszeitraum steht für den ersten Bereich vor allem die Frage der Textsegmentierung im Vordergrund. Der andere Schwerpunkt der Arbeit ist die einzelsprachliche Analyse, wobei insbesondere die Verfahren der Raum- und Zeitkennzeichnung untersucht werden. Wir erhoffen uns Ergebnisse in zweierlei Hinsicht. Zum einen erwarten wir Erkenntnisse über die jeweiligen einzelsprachlichen Verfahren, so daß dies auch als Beitrag zur Beschreibung dieser Sprachen angesehen werden kann. Zum anderen erwarten wir Aufschluß über die besondere textkonstituierende Funktion dieser Verfahren. Auf der Grundlage insbesondere der letzteren Erkenntnisse sollen dann im weiteren Verlauf des Projekts die für einen typologischen Vergleich von Sprachen notwendigen Parameter entwickelt werden.
Wortbildung in Kallawaya: nominale Komposition und Inkorporation
04/2016-03/2017
Fortsetzungsprojekt zu "Erstellung eines typologischen Profils der bolivianischen Mischsprache Kallawaya"
Kallawaya ist eine gemischte und geheime Sprache, die in der Region Charazani im Nordwesten Boliviens gesprochen wird. Als Mischsprache verwendet Kallawaya sein Lexikon und seine Grammatik aus verschiedenen und genetisch unabhängigen Sprachen. Das Lexikon von Kallawaya wird hauptsächlich von der inzwischen ausgestorbenen Sprache Pukina bereitgestellt, während die Grammatik von einer südlichen Quechua-Sorte stammt. Kallawaya ist auch eine geheime Sprache, die nur von traditionellen Kräuterkundigen während der Heilungszeremonien verwendet wird; als solche ist sie nicht für die tägliche Kommunikation bestimmt und hat ein reduziertes Lexikon, die Sprache wird nur als L2 erworben, während die Muttersprache der Kallawaya-Kräuterkundigen Quechua ist.
Heute ist Kallawaya stark bedroht, die Anzahl der Sprechenden ist noch unbekannt. Das Projekt zielt darauf ab, die Etymologie des Kallawaya-Lexikons aufzudecken, d.h. es wird untersucht, welche Sprachen außer Pukina zum Lexikon von Kallawaya beigetragen haben. Darüber hinaus wird eine Klassifizierung der sogenannten lexikalischen Manipulationen vorgenommen. Lexikalische Manipulationen sind "bewusste" Manipulationen von lexikalischen Elementen, die dazu dienen, die Bedeutung des Gesagten zu verbergen und/oder gruppeninterne Identität zu signalisieren (siehe Bakker und Mous 1994: 9; Mous 2003: 209). Schließlich, obwohl die Grammatik von Kallawaya hauptsächlich von Quechua stammt, enthält sie auch Elemente, die eindeutig nicht von Quechua stammen. Eine Analyse dieser grammatikalischen Elemente wird ebenfalls versucht.
Zaghawa-Wagi: Towards documenting the Sudanese dialectal variant of Zaghawa
07/2015-12/2016
Zaghawa (Autonym: Beria) wird von rund 170.000 Sprechern im Sudan (Staat Norddarfur) und im Chad gesprochen. Im Mittelpunkt dieses Projekts steht der sudanesische Dialekt Wagi. Während dieser Dialekt noch gesprochen wird, weicht er aufgrund einer Politik der Arabisierung im Sudan und groß angelegter Vertreibungen im Zuge des Bürgerkriegs in Darfur rasch dem Arabischen - beides starke Faktoren für die Gefährdung der Sprache.
Er wird heute in zwei- und mehrsprachigen Kontexten mit Arabisch als dominanter Sprache gesprochen. Kinder wachsen nicht mehr mit Zaghawa auf, zumindest nicht als dominante Sprache; und ältere Menschen sprechen Zaghawa nicht mehr täglich, zumindest nicht in den Städten, in denen der größte Teil der Bevölkerung heute lebt.
This is a pilot project which grew out of a seminar on field methods. It explores the feasibility of a comprehensive documentation of Wagi and consists in establishing a field site in Khartoum (Sudan), collecting preliminary sociolinguistic, lexical and natural data and developing a preliminary practical orthography. Besides this line of work during fieldwork the already existing cooperation between the University of Cologne and the University of Khartoum was strengthened. Thus the project benefits from the local expertise and, at the same time, it contributes to capacity building in the Sudan.