Das Fach Allgemeine Sprachwissenschaft
Wir beschäftigen uns mit der Vielfalt der sprachlichen Strukturen und sprachlichen Handelns in den Sprachen der Welt, betreiben also Sprachtheorie auf sprachvergleichender Grundlage. Neben der Suche nach Gemeinsamkeiten (Universalien) geht es dabei insbesondere auch um die Bestimmung der Grenzen der Variationsmöglichkeiten natürlicher Sprachen. Diese zeigen sich u.a. darin, dass zwei oder mehr Eigenschaften typischerweise zusammen vorkommen (Typologie). Wir gehen davon aus, dass sich die linguistische Typologie und Universalienforschung nicht auf Laut-, Wort- und Satzstrukturen beschränkt, sondern auch die Bedeutungsebene (Semantik/Pragmatik), den Wortschatz und Diskursstrukturen einschließt.
Wichtig ist uns, dass Typologie und Universalien auf einer breiten und soliden theoretischen und empirischen Basis erforscht werden. In der Empirie steht deshalb die Beschäftigung mit Primärdaten (Audio- oder Videoaufzeichnungen, schriftliche Texte, experimentell erhobene Daten) im Vordergrund. Da über viele der ca. 7000 Sprachen, die derzeit weltweit noch verwendet werden, bisher wenig bekannt sind, gehört dazu auch Sprachbeschreibung (Feldforschung) und Sprachdokumentation, also die Zusammenstellung eines umfangreichen Korpus von Primärdaten unterschiedlichster Art zu einer gegebenen Varietät.
Die Sprach- und Grammatiktheorien, die wir verwenden, müssen für Sprachbeschreibung und Sprachvergleich von Nutzen sein. Wesentlich ist dabei die Anforderung, dass die für eine Sprache angenommenen Struktureigenschaften auch sprachimmanent aufgewiesen werden und nicht einzig und allein durch Verweis auf ein theoretisches Modell begründet sein können, um nicht eurozentristischen Vorurteilen aufzusitzen. Sprachwissenschaftliche Theoriebildung muss ferner in der Lage sein, sowohl die kognitive wie die soziale Verankerung sprachlichen Wissens und Handelns zu erfassen, also sprachliche Strukturen und Handlungen als Teil einer umfassenderen kommunikativen Praxis darstellen zu können.
Der Sprachvergleich beschränkt sich nicht auf den Vergleich von sprachlichen Strukturen und Praktiken aus verschiedenen Teilen der Welt, sondern betrifft auch die verschiedenen historischen Entwicklungsstufen einer Sprache (Sprachwandel). Es geht nicht nur darum, sprachliche Diversität zu erfassen und zu systematisieren, sondern auch darum, den Prozess der Diversifikation zu verstehen und erklären zu können, warum nicht alle Sprachen gleich sind und wieso sie sich fortwährend wandeln.