Das Altarmenische ist seit Beginn seiner Überlieferung im 5. Jh. n. Chr. in Form der Bibelübersetzung in einer ununterbrochenen Tradition bis in die Gegenwart belegt und bietet ein reichhaltiges Textkorpus, das sowohl aus Übersetzungen v.a. theologischer und philosophischer Werke aus dem Griechischen und Syrischen als auch aus armenischen Originaltexten besteht. Der Umfang des armenischen Textkorpus an übersetzten und Originaltexten erlaubt einerseits vergleichende Studien bezüglich des Sprachgebrauchs in beiden Textsorten und andererseits gezielte Einzelstudien etwa zur verbalen Morphosyntax. Das Ziel des Projekts ist die Erstellung eines Wörterbuchs der in diesem umfangreichen Korpus belegten Verben. Die letzte ausführliche Arbeit zum altarmenischen Verb stellt das Werk von (Klingenschmitt 1982) dar, das sich mit Fragen der Stammbildung und Etymologie ausgewählter armenischer Verben befasst. Während (Olsen 1999) eine umfassende Studie zum Nomen in der armenischen Bibelübersetzung v.a. unter dem Aspekt der Wortbildung und Etymologie vorgelegt hat und (Matzinger 2005) die Vorgeschichte der Substantivflexion behandelt, fehlt eine vergleichbare Arbeit für das armenische Verb: es existiert bislang keine umfassende Darstellung der im altarmenischen Textkorpus belegten Verben hinsichtlich ihrer Bedeutung, Konstruktionsmuster und Etymologie. Die einzige synchrone Grammatik des Altarmenischen in deutscher Sprache, die ausführlicher auch die Verbsyntax behandelt, ist die Arbeit von (Jensen 1959):133-224 („Lehre vom Satz“). Wie zuletzt von (Ziegler 2014) gezeigt, sind Jensens Angaben bzgl. der Konstruktionsmuster einzelner Verben aber z. T. unvollständig oder irreführend, abgesehen davon, dass es nicht das das Ziel seiner Grammatik ist, eine vollständige Darstellung aller altarmenischen Verben zu bieten. Die lexikographische Aufarbeitung des Altarmenischen insgesamt befindet sich im Wesentlichen auf dem Stand des Venediger Wörterbuchs von (Awetik’ean, Siwrmêlean, und Awgerean 1836) (repr. 1979), das, insofern es auf Armenisch verfasst ist und darüber hinaus nur summarische Bedeutungsangaben auf Griechisch und Latein gibt, für die westliche Forschung außerhalb des engen Zirkels der Armenologen selbst weitestgehend unzugänglich ist. Das Projekt will diesem Zustand in Bezug auf das altarmenische Verbum abhelfen, indem es anhand eines für den altarmenischen Sprachstand des 5.-7. Jahrhunderts repräsentativen Korpus die armenischen Verben hinsichtlich ihrer Verwendung (Bedeutung, Konstruktionen) und Etymologie, sei es als Erbwort, sei es als Lehnwort, als primäre oder sekundäre Bildung, darstellt.
Awetik’ean, G., X. Siwrmêlean, und M. Awgerean. 1836. Nor bargirk’ haykazean lezowi. Venice.
Jensen, Hans. 1959. Altarmenische Grammatik. Heidelberg: Winter.
Klingenschmitt, Gert. 1982. Das altarmenische Verbum. Wiesbaden: Reichert.
Matzinger, Joachim. 2005. Untersuchungen zum altarmenischen Nomen : die Flexion des Substantivs. Dettelbach: Röll.
Olsen, Birgit Anette. 1999. The noun in Biblical Armenian : origin and word formation ; with special emphasis on the Indo-European heritage. Berlin ; New York: De Gruyter.
Ziegler, Sabine. 2014. „Zur Syntax und Semantik von alt- und mittel- armenisch ‚Beten‘ und ‚Glauben‘: Ein Vergleich zwischen eigenständigen und übersetzten Texten“. MSS 68/2:267–85.